Biotin, ein Vitamin aus dem B-Komplex, spielt eine bedeutende Rolle im Stoffwechsel von Fettsäuren, Kohlehydraten und Proteinen sowie bei der epigenetischen Genregulation.
Der Mensch kann Biotin nicht selbst herstellen oder im Körper speichern und ist dadurch abhängig von der Aufnahme durch die Nahrung. Biotin gilt als „Schönheitsvitamin“ für Haut, Haare und Nägel und wird häufig als Nahrungsergänzungsmittel unter verschiedenen Namen wie Biotin, Vitamin B7, Vitamin H oder Coenzym R verkauft, teilweise hochdosiert im Milligrammbereich.
Biotin findet aber auch breite Anwendung in labormedizinischen Testmethoden, die eine hochspezifische immunologische Nachweismethode ( = Antigen-/ Antikörperreaktion) benutzen.
Vereinfacht kann man sich das so vorstellen:
Das Labor nimmt eine Testplatte mit darauf befindlichen Antikörpern, die spezifisch sind auf das nachzuweisende Eiweiß ( = Analyt, zB TSH). Nun wird die Blutserumprobe des Patienten auf die Testplatte aufgebracht, dabei wird nur das nachzuweisende Eiweiß (zB TSH) an die Antikörper der Testplatte festgebunden.
Um nun das zu untersuchende Eiweiß (zB TSH) empfindlicher nachzuweisen und präziser zu quantifizieren wird ein Sekundärantikörper hinzugefügt, der ebenfalls spezifisch den Analyten (zB TSH) bindet.
Der Sekundärantikörper ist bei vielen Testsystemen mit einem Biotin gekoppelt. Ein Biotinmolekül bindet hochselektiv und stabil vier Streptavidine und wirkt so als Vierfach-Signalverstärker.
Dieses Testprinzip wird anschließend durch die Zugabe einer Streptavidin-Verbindung ( = Conjugat) verwendet um das zu untersuchende Eiweiß (zB TSH) deutlich signalverstärkt mittels einer enzymatischen Farbreaktion nachzuweisen.
Das heißt, durch das Biotin-Streptavidin-Testprinzip wird die Nachweismethode deutlich genauer und empfindlicher.
Aber, wenn in der Blutprobe des Patienten hohe Mengen an freiem Biotin vorhanden sind (durch die höherdosierte Einnahme von Biotin-Nahrungsergänzungsmittel), wird dadurch die Nachweisreaktion verfälscht, dh Laboruntersuchungen können bei Patienten, die höherdosiert Biotin einnehmen, falsch erhöhte oder falsch erniedrigte Werte aufweisen, wenn die angewandte Labormethode auf einem Biotin-Streptavidin-Testprinzip beruht.
Bei der Schilddrüsendiagnostik können TSH, freies T3, freies T4, Thyreoglobulin, TPO, TAK und TRAK betroffen sein.
Unerkannte durch Biotin verursachte Störungen von Laboruntersuchungen stellen ein Risiko falscher Diagnosen und eventuell verzögerter oder unnötiger Behandlungen dar (Ardabilygazir A. et al (2018)).
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